Hätte ich vor Jahren nicht mit Kathrin Passig und Sascha Lobo Bekanntschaft gemacht, die die Aufschieberitis salonfähig gemacht hatten, würde ich das schwache Verb lateinischen Ursprungs nicht kennen, geschweige denn wissen, was es bedeutet. Eine Wissenslücke, die mich nicht hätte sonderlich schmerzen müssen, da der Ausdruck diametral zu meiner Haltung steht: möglichst nichts auf morgen zu verschieben, was sich noch heute erledigen lässt.

Doch neuerdings schleicht sich ein Habitus ein, der dem Prokrastinieren nahekommt. Ich erkenne sogar eine gewisse Logik darin. Warum sollte ich wischen, wenn es absehbar regnet und die beiden Hunde dann sowieso wieder Pfotenabdrücke auf den Böden hinterlassen werden? Warum das Bett machen, wenn ein Mittagsschläfchen vorgesehen ist? Einen Rückruf tätigen, wenn eine Kurznachricht auch taugt: Bin unterwegs, melde mich irgendwann.
So langsam dämmert es mir: Die Aufschieberei hat was, zumal sich manches ohne eigenes Zutun von allein erledigt und der Zeitgewinn für die Dinge immens ist, die man nicht tun muss. Statt die Fliesen zu säubern, nahm ich mir die Einbauschränke vor. Ohne meine neue Lust, zu prokrastinieren, wäre mir nie eingefallen, deren Fronten abzuwischen.
Man muss halt Prioritäten setzen 😉
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