Vielfältig sind die seelischen Folgen der Diagnose. Der Tatbestand, an Brustkrebs erkrankt zu sein, ängstigt und verstört, das Warten auf das Ergebnis des Genexpressionstests zermürbt. Doch auch die körperlichen Blessuren machen zu schaffen. Sieben Wochen nach der Operation nicht mehr so sehr der Schnitt unterhalb der rechten Achselhöhle, wo die Lymphknoten entnommen wurden. Mich malträtiert der Schnitt entlang meines Warzenhofes. Denn bei jeder noch so kleinen Bewegung reibt sich der den Busen verhüllende Stoff an dieser so empfindlichen Stelle.
Eigentlich sollte ich mich glücklich schätzen. Der Schnitt wurde vom leitenden Oberarzt der Schweriner Helios-Frauenheilkunde, Dr. M., meisterlich ausgeführt: ein Halbkreis um den Warzenhof exakt entlang der Grenze zur Haut, der in wenigen Wochen kaum noch sichtbar sein wird. – Auch aus kosmetischer Sicht ist diese Brust-Operation geglückt.
Die anhaltenden schmerzhaften Irritationen werfen allerdings die Frage auf, war ein Schnitt entlang des Warzenhofes medizinisch notwendig oder spielten auch ästhetische Überlegungen eine Rolle? Hatte man mir im Brustzentrum der Schweriner Helios Kliniken nicht mehrfach erklärt, dass dem kosmetischen Ergebnis der Brust-Operation ein hoher Stellenwert zukomme, und meine Einwände ignoriert, dass mir daran eher wenig gelegen sei. Ich mag meinen Busen sehr wohl; im Angesicht der Diagnose fiel die Makellosigkeit meiner rechten Brust für mich jedoch nicht ins Gewicht.
Auf die Sprünge half mir ein Zeit-Interview mit der Philosophin Camille Froidevaux-Metterie, die Frauen jeden Alters zu deren Busen befragt hat, in dem eingangs zu lesen ist, dass „der Busen die wohl physischste Manifestation von Weiblichkeit ist“. Und die Lektüre des Artikels „Brustbilder und Schönheitsideale“ im Deutschen Ärzteblatt, in dem es unter anderem heißt: „Sowohl historisch als auch zeitgenössisch wurde und wird das Frausein vorrangig durch die Brust definiert. […] Mehr als andere Tumoren ist Brustkrebs deshalb mit Diskriminierung, sexueller Unsicherheit und dem daraus resultierenden mangelnden Selbstwertgefühl verbunden.“
Ich falle offensichtlich aus der Rolle. Denn als mir Frau Dr. K. im Aufklärungsgespräch nach der Operation als erstes einen Handspiegel anbot, um meine Brust betrachten zu können, wurde ich barsch. „Ich will keinen Spiegel; ich will wissen, was der Krebs mit mir gemacht hat! Hat er gestreut?“
Das Erstaunen der Ärztin ob meiner Reaktion war groß. Internalisiert hat man auch im Brustzentrum, dass der Busen die wohl physischste Manifestation von Weiblichkeit ist.
Ihr wollt mehr lesen?