Nach der Diagnose sollte man sich nicht nur geflissentlich darin üben, mit den eigenen Ängsten umzugehen und bestmöglich versuchen, diese halbwegs zu zügeln. Auch der Umgang mit den Mitmenschen, die von der Erkrankung Kenntnis haben, bedarf starker Nerven.
Am liebsten sind mir die Mutmacher; jene, die auf die Nachricht mit „du schaffst das“ oder mit Berichten über unkomplizierte Verläufe reagieren. Leider bilden sie nur eine kleine Minderheit.
Eine andere Gruppe tut sich mit der Botschaft sichtlich schwer. Das Gesicht entgleitet, die Mimik erstarrt, sie ringen um Fassung und um Worte. Gut beraten ist man in diesen Fällen, Brücken zu bauen, die das betretene Schweigen durchdringen. Etwa indem man aufmunternd erklärt: „Das wird schon wieder, ich schaffe das, Brustkrebs ist heilbar und meiner scheint nicht gestreut zu haben.“ Zwar unterscheiden sich die darauffolgenden Reaktionsmuster erheblich, doch die Totenstille hat man so erfolgreich durchbrochen. Manch einer behilft sich nach einem tiefen Durch- und Aufatmen damit, indem er meine Aussagen wiederholt, andere wünschen viel Kraft und wieder andere nicken bekräftigend mit dem Kopf und murmeln einige aufbauende Sätze bevor sie erleichtert das Weite suchen.
Als weniger zuträglich empfinde ich jene, die mich über die Fortschritte der Onkologie belehren und mich mahnen, aus einer Mücke keinen Elefanten zu machen. „Brustkrebs ist heilbar, daran stirbt man heutzutage nicht.“ – Obwohl mir bei ihnen eine gewisse Empathie abgeht, rede ich mir ein, dass sie es mutmaßlich besonders gut mit mir meinen, denn schließlich bläue ich mir Optimismus seit Wochen selbst ein, um so meine Ängste etwas zu bändigen.
Zur Verzweiflung bringen mich jene, die aufgrund persönlicher Erlebnisse oder Erfahrungen mit Krebserkrankten mir Ratschläge und Hilfsangebote unterbreiten und dabei menetekelend warnen. „Das ist kein leichter Ritt, du wirst schwach und appetitlos sein“. Mir dann alternative Heilmethoden ans Herz legen, den Verzehr von Leinsamen, Blumenkohl und Kresse anraten und von Erdbeeren und Getränken in Plastikflaschen dringlich abraten. Gut gemeint, aber des Guten zu viel, da mich derartige Belehrungen und Erfahrungen zutiefst verunsichern.
Am liebsten sind mir momentan jene, die die Diagnose kennen, aber so normal mit mir umgehen, als wüssten sie davon nicht. Sie vermitteln mir jene Ruhe, die ich vor den nächsten Schritten brauche, die übermorgen im Schweriner Brustzentrum anstehen: Skelettzintigraphie und Computertomographie, deren Ergebnisse hoffentlich vollends ausschließen, dass mein Brustkrebs gestreut hat.
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„Bin sprachlos…“ aber ein Herz sende ich trotzdem ♥